Der Countdown läuft, dann wählen die Bürgerinnen und Bürger von Wenden einen neuen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin. Jan Schmidt, junges Parteimitglied aus Ottfingen, stellte Bürgermeisterkandidatin Jutta Hecken-Defeld Fragen zu gerade viel diskutierten Themen und Projekten, die in Wenden zur politischen Entscheidung anstehen.

 

Jan:

Jutta, was treibt dich an, erneut bei der Bürgermeisterwahl anzutreten?

Ich möchte Bürgermeisterin werden, weil ich realisierbare Konzepte umsetzen möchte, von denen wir Wendener profitieren, und zwar ohne dass wir uns dabei über die Maßen verschulden. Ich bringe frischen Wind in die Verwaltung, weil ich von außen – mit dem unverstellten Blick einer Bürgerin – ins Rathaus komme und nicht in den Innenansichten der Verwaltung gefangen bin. Die Alltagsprobleme, die Menschen haben, bekomme ich durch meinen Beruf – und auch als Frau – intensiv mit. Meine Erfahrungen werde ich in praktisches Handeln einbeziehen. Mir ist wichtig, die kleinen Ortschaften im Blick zu halten. Wo es sich anbietet möchte ich Themen mit Bürgerbeteiligung angehen. Meine Partei und die Fraktion stehen geschlossen hinter mir, das ist ein großer Vertrauensbeweis. Ich möchte auch Frauen mit meiner Kandidatur ermutigen, die Gemeinde und den Kreis mitzugestalten. Frauen sollten mehr Verantwortung übernehmen, auch in Rathäusern. Dass bei den Wahlkreisbewerbern der SPD Wenden die Frauen so gut repräsentiert sind, freut mich sehr. Das gilt für keine andere Partei in Wenden. Auch, dass es wieder drei Bürgermeisterkandidaten in Wenden gibt, ist ein guter demokratischer Prozess. Eine Wahl mit mehreren Bewerbern wirkt auch der Politikverdrossenheit entgegen.

 

Jan: Was muss in der Gemeinde Wenden aus deiner Sicht verbessert werden?

Zum einem muss die jetzt durch Corona eingeleitete digitale Offensive konsequent weiterverfolgt werden. Homeoffice und Homeschooling sind immer noch wahrscheinlich und werden uns weiter herausfordern. Auch wenn wir Vieles gut umgesetzt haben – da ist noch Luft nach oben.

Zum anderen brauchen wir weitere Gewerbeflächen und auch Erweiterungsflächen, damit keine Firmen ausweichen müssen und abwandern.

Was früher mal erwartet wurde – nämlich, dass Altbauten in den Ortschaften leer stehen – ist ausgeblieben. Häuser, die zum Verkauf stehen, gehen weg wie warme Semmeln. Die Nachfrage nach Bauland ist in allen Ortschaften ungebrochen groß. Auch wenn die Wohnraumverdichtung im innerörtlichen Bereich das erklärte Ziel sein muss, brauchen wir aber auch neues Bauland außerhalb der vorhandenen Ortsgrenzen. Auf der anderen Seite müssen wir so ressourcenschonend wie möglich vorgehen. Ich befürworte eine Maßvolle Neubauflächenpolitik und da, wo es sich anbietet, den Bau von Reihenhäusern und Mehrfamilienhäusern. Ob Wohnraum für Singles, Paare, Familien oder Senioren – innovative Wohnformen, wie zum Beispiel Mehrgenerationenwohnen sollten wir fördern und möglich machen. Wir brauchen günstigen Wohnraum für jedes Portemonnaie.

Der Klimawandel wird immer offensichtlicher. Kürzlich war ich bei einer Veranstaltung zum Thema Wald mit Fachleuten der forstwirtschaftlichen Vereinigung, vom Waldbauernverband und dem Regionalforstamt Olpe. Gegen den Klimawandel ist bewirtschafteter Wald besser als Flächen, die sich selbst überlassen werden. Als SPD fordern wir bereits, gemeindeeigene Flächen mit jährlich 40.000 € aufzuforsten und wir haben den Prüfauftrag gestellt, ob in der Gemeinde ein Solarpark entstehen kann. Beide Anträge wurden im Rat einstimmig angenommen. Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir einen Beitrag leisten.

 

Jan: Was sagst du zum geplanten Bau der Moschee in Wenden, der derzeit für Gesprächsstoff sorgt?

Jeder bei uns das Recht, seine Religion öffentlich auszuüben. Und das geschieht ja in Wenden bisher auch bereits in unmittelbarer Nähe der geplanten Moschee und wird von der Nachbarschaft akzeptiert. Der Wunsch nach einer Moschee ist für mich nachvollziehbar. Es stellt sich nur die Frage, ob der Platz in der Wendebachstraße der geeignete Standort ist. Gegen den Bau spricht das Platzproblem und die verkehrliche Situation. Letztlich ist es aber so, dass die Gemeinde beim Moscheebau wenig Einfluss nehmen kann, was aber vor einiger Zeit noch möglich gewesen wäre. Es wurde schon länger nach einem geeigneten Standort für die Moschee gesucht und die Verwaltung war eingeschaltet. Wenn ein guter Austausch bestanden hätte und die Verwaltung intensiv am Ball geblieben wäre, hätte es gar nicht erst zum Kauf des Gebäudes in der Wendebachstraße kommen müssen. Nun erklärt sich die UWG gerade zur einzigen politischen Partei, die sich um den Erwerb des Hauses Viedenz durch die Gemeinde bemüht hätte. Tatsächlich waren das aber die Wendener Ratsmitglieder aller Parteien. Sie nahmen Wenden im Jahr 2016 kritisch unter die Lupe und haben daraufhin der Verwaltung vorgeschlagen, das Haus Viedenz im Ortskern bei der anstehenden Versteigerung zu erwerben. Nach einer Begutachtung und Kalkulation der Kosten stellte sich aber heraus, dass der Kauf zu einem Minusgeschäft für die Gemeinde geworden wäre, die in der Folge vom Erwerb des Hauses absah. Fest steht: mit allen Beteiligten muss jetzt nach der am besten verträglichen Lösung gesucht werden.

Jan: Bisher hat sich noch niemand dazu geäußert, dass es sich um eine Ditib-Moschee handelt. Auch das sorgt in der Gemeinde für Gesprächsstoff.

Darauf wurde ich schon angesprochen und habe mich damit beschäftigt. Der Ditib-Verband gilt als verlängerter Arm des türkischen Präsidenten. Vor knapp zwei Jahren war es sogar im Gespräch, den Verband vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen, soweit kam es aber nicht. Die Imame werden an staatlichen theologischen Hochschulen in der Türkei ausgebildet und von Ditib nach Deutschland geschickt. Sie sind Beamte des türkischen Staates, von dem sie auch bezahlt werden. Eine Imam-Ausbildung wie sie zum Beispiel an einigen deutschen Universitäten möglich ist, lehnt Ditib ab. Wünschenswert ist eine Moschee, die ein Ort der Weltoffenheit, der Integration und des friedlichen kulturellen und religiösen Miteinanders ist. Unterstützenswert sind aber keine Nationalisten, die politische Parolen unter dem Deckmantel der Religion unter das Volk bringen wollen.

Jan: Was sagst du zu der Nachricht, dass Amazon sich in Gerlingen niederlassen will?

Die Ansiedlung von Amazon sehe ich generell kritisch. Bei Unternehmen sollten wir darauf achten, dass sie der Gemeinde einen Mehrwert bieten. Verarbeitendes Gewerbe, Handwerker und heimische Dienstleister erwirtschaften das Geld, das wir in unser Gemeinwesen investieren können. Aber die Gemeinde hat es in diesem Fall nicht in der Hand, weil sie ja nicht selber an Amazon verkauft.

Man muss sich im Klaren sein, dass da überwiegend Arbeitsplätze für gering Qualifizierte entstehen. Einer tariflichen Vereinbarung verweigert sich das Unternehmen. Nach eigenen Angaben zahlt Amazon zwar mehr als den Mindestlohn, aber dennoch sind das nicht die Arbeitsplätze, die wir uns wünschen. Amazon steht in der Kritik, was den Umgang mit seinen Beschäftigten angeht. Hoher Leistungsdruck und Überwachung werden moniert. Gewerkschaften werden nicht als Interessenvertretungen der Beschäftigten anerkannt und Betriebsratsarbeit wird behindert. Der hohe Anteil befristeter Beschäftigter erschwert die gewerkschaftliche Organisation. Die EU-Kommission geht inzwischen gegen die Steuervermeidungspraxis vor.

Was die Verkehrsbelastung durch die Amazon-Verteilstation angeht, kann ich die Befürchtungen der Gerlinger gut nachvollziehen. Wenn die Verkehrssituation sich weiter verschärft, dann sollte man im Interesse der Gerlinger Bürger nochmal über eine große Lösung nachdenken.

Jan: Wie stehst du zu den millionenschweren Projekten, die in der Gemeinde anstehen?

Obwohl unsere Gemeinde immer finanzstark war, ist es zu einem regelrechten Sanierungsstau gekommen. Es gibt einiges zu schultern und das in einer Zeit, in der die Auswirkungen von Corona zusätzlich ins Kontor der Steuereinnahmen schlagen.

Bei den Feuerwehrhäusern gehen die Investitionen in unsere eigene Sicherheit, deshalb ist es notwendig, Geld in die Hand zu nehmen und die Bedingungen so herzustellen, dass sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Auch Investitionen in gute, moderne Schulen dürfen wir nicht vernachlässigen. Soviel sollte die Bildung unserer Kinder uns wert sein.

Und da jetzt Abitur in Wenden möglich ist, muss die Gesamtschule auch gestärkt und modernisiert werden. Nur die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen, wie bei dem Vorschlag der CDU, die den Grundschulstandort samt Schwimmbad und Turnhalle an die Bergstraße verlegen will. Aus meiner Sicht ist bei unseren Schulen die Digitalisierung ein wichtiger Punkt, wenn wir sie fortschrittlich weiter entwickeln wollen. Guter Unterricht muss auch dann weitergehen, wenn es erneut zu einem Lockdown kommen sollte.

Einen Mehrwert für die Wendener sehe ich darin, wenn das 50 Jahre alte Schwimmbad an der Gesamtschule neu gebaut wird. Die SPD Wenden befürwortet den Neubau nach dem finanziell günstigen „Werdohler Modell“. Eine Renovierung würde die Gemeinde viel Geld kosten und niemand weiß dabei, ob die Kosten letztlich kalkulierbar sind.

Und dann müssen wir langsam wissen, wie sich das Konzept für das Balcke-Dürr-Gelände entwickelt. Davon hängt nicht zuletzt auch die Bauplatzentwicklung in Heid und Rothemühle ab.

Jan: Wie stehst du zu den Feuerwehrstandorten? Es sind umfangreiche Investitionen nötig. Siehst du einen Standort gefährdet?

Sicherheit geht vor. Deshalb unterstütze ich die Beibehaltung aller vier Feuerwehrstandorte in der Gemeinde Wenden. Jeder Wegfall würde eine Verschlechterung der Sicherheitslage bedeuten und zudem die betroffenen Feuerwehrleute demotivieren, weiterzumachen. Aufgrund der trockenen letzten Jahre ist die Waldbrandgefahr erhöht. Wie wichtig eine gut funktionierende Feuerwehr ist, hat zuletzt der Waldbrand in Rothemühle gezeigt. Wir können in der Gemeinde froh sein, so eine motivierte und gut ausgebildete Feuerwehr zu haben, die es immer wieder schafft, junge Menschen für dieses wichtige Ehrenamt zu begeistern.

Jan: Die meisten Ärzte in der Gemeinde Wenden sind schon über 60. Wie kann die ärztliche Versorgung in der Gemeinde Wenden sichergestellt werden?

In unserer Gemeinde ist nach Ansicht von Fachleuten die ärztliche Versorgung noch ausreichend. Allerdings lassen der Demografische Wandel und die Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte den Schluss zu, dass in den kommenden Jahren eine Unterversorgung droht. Bei der Vorgehensweise, die ärztliche Versorgung in Wenden langfristig zu sichern, besteht parteiübergreifender Konsens. Initiativen gibt es bereits. Die Verwaltung und der Gemeinderat haben veranlasst, eine im Gesundheitssektor tätige Beratungsgesellschaft einzuspannen. Begleitet von diesem Fachinstitut werden Gespräche mit den heimischen Ärzten und Apothekern geführt, um konkrete Umsetzungsschritte zu erarbeiten.

Jan: Jutta, Deinen Namen bringt man automatisch mit der SPD in Verbindung. Wie willst Du mit der Kommunalpolitik und den anderen Fraktionen kooperieren?

Ja, man kennt mich in Wenden seit vielen Jahren als aktives Mitglied der SPD, aber ich weiß, dass ich als Bürgermeisterin allen Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet bin. Dem Anspruch werde ich nachkommen. Man kann sich aber darauf verlassen, dass mein Herz für soziale Belange und für Schwächere schneller schlägt. Doch es ist auch sicher, dass ich mich am Gesamtinteresse der Gemeinde orientieren werde.

Jan: Vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Dir und dem gesamten Team der SPD viel Erfolg für die Wahl am 13. September!

 

 

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