Rede zum Haushalt 2024
(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates und der Verwaltung,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

 

Jeder Schreiber steht zu Beginn einer Rede vor der Herausforderung sich einen Leitfaden zurechtzulegen. In einem Nachrichtenmagazin fand ich schließlich ein Zitat, was hilfreich war:

„Die Welt ist eine Zumutung, aber sie wird nicht besser, wenn man sich aus ihr zurückzieht!“

Ja, die Welt ist zurzeit eine Zumutung und die daraus resultierenden Krisen machen auch vor Wenden kein Halt. Das beherrschende Thema ist hierbei die andauernde Flüchtlingskrise. Für geflüchtete Menschen die zu uns kommen, muss Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Folgerichtig gab es in der Ratssitzung am 2. November den Beschluss weitere Containeranlagen anzuschaffen. Die Debatte hierrüber verlief sachlich. Die anschließenden Fragen der Hünsborner Bürgerinnen und Bürger waren hingegen emotional aufgeladen. Sie fühlten sich vom Bürgermeister nicht mitgenommen und zu spät informiert. Ein solcher Fehler darf nicht noch einmal entstehen. Daher schauen wir ab heute wieder genauer hin und wir beantragen, dass der Rat im Zuge der anhaltenden Flüchtlingskrise bei jeder Sitzung über die Flüchtlingszahlen sowie den Bedarf an weiteren Unterkünften in Kenntnis gesetzt wird. Wichtig ist uns dabei Transparenz und Offenheit. Die SPD bedankt sich in diesem Zusammenhang bei allen Ehrenamtlern, die sich um geflüchtete Menschen in der Gemeinde kümmern, insbesondere beim Runden-Tisch, der seit 2015 aktiv ist. Später kam noch das Café-Kultur hinzu. Mit ihrer Arbeit entlasten beide Initiativen die Verwaltung.

Meine Damen und Herren,

meine Fraktion dankt der IT-Abteilung der Verwaltung, die nach der Cyber-Attacke schnell gehandelt hat. Durch das Erstellen einer Alternativ-Homepage konnte die Öffentlichkeit wieder mit der Verwaltung in Kontakt treten. Diese Attacke zeigt wie abhängig wir von einer funktionierenden IT sind. Wir alle möchten die Digitalisierung in der Arbeitswelt vorantreiben. Der IT-Sicherheit muss zukünftig aber ein größeres Augenmerk geschenkt werden.

Im letzten Jahr haben wir gegen die Erhöhung der Grundsteuer B gestimmt (10 % Punkte), weil die Bürgerinnen und Bürger durch die gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten und den höheren Müll- und Abwassergebühren genug belastet waren. Die Lage hat sich mittlerweile leicht gebessert. Die Stromkosten sind gesunken, das Tanken an der Tankstelle ist günstiger geworden und auch die Lebensmittelpreise lagen im Oktober 2023 10,9% niedriger als im Vorjahresmonat. Das sind erfreuliche Entwicklungen und wir hoffen, dass diese nicht gänzlich durch die 60 Mrd. € Lücke im Bundeshaushalt konterkariert werden. An unseren eigenen Haushalt gedacht, müssen wir uns auf herausfordernde Zeiten einstellen. Die Ausgleichsrücklage ist in der Prognose bis 2027 vollends aufgebraucht und auch die Gewerbesteuereinnahmen werden sich voraussichtlich nach 2024 verschlechtern. Um diesen negativen Tendenzen zumindest ein Stück weit entgegenzuwirken, werden wir heute der Sitzungsvorlage bzgl. des Verbleibs der bestehenden Realsteuerhebesätzen zustimmen.

Bevor ich zum Schwerpunkt meiner Haushaltsrede komme, möchte ich noch einmal zu weiteren wichtigen Themen in der Gemeinde Stellung beziehen.

  1. Die Verkehrssituation und die Ortsumgehungsstraße in Gerlingen.
    In der letzten Ratssitzung gab es zu diesem Thema eine Informationsvorlage. Vom Inhalt her gab es dort keine substantiellen Neuigkeiten zu vermelden. Daher können wir die Verbitterung der Gerlinger Bevölkerung gut nachvollziehen. Wir unterstützen weiterhin die Ortsumgehung.
  2. Die medizinische und pharmazeutische Versorgung in der Gemeinde.
    In Wenden sind die meisten Ärzte über sechzig Jahre alt. Nachwuchs muss also dringend her. Wie herausfordernd das ist, zeigte der Vortrag von Frau Röcher. Sie beschäftigt sich mit der Sicherstellung der medizinischen Versorgung beim Kreis Olpe. Insofern unterstützen wir ausdrücklich das Projekt vom 04.09.2023 zur Famulatur- und Hospitationsförderung im Kreis Olpe.
  3. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien.
    Um uns nachhaltig von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen, benötigen wir den Strom aus Sonne und Wind. Aus unserem Prüfauftrag für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage von 2019 ist mittlerweile ein Ratsbeschluss geworden. Wir hoffen, dass die Anlage noch in dieser Legislaturperiode in Betrieb geht.
  4. Der Fahrplan Bürgerbus die Einführung einer APP.
    Die Verwaltung wollte den Fahrplan beim Relaunch der Homepage 2023 berücksichtigen und den Bürgerbusverein bei den geplanten Aktivitäten im Bereich Smart City ab 2024 einbinden. Aktuell funktioniert in den meisten Rathäusern aufgrund der Cyber-Attacke wenig. Wir erwarten, dass nach der Wiederherstellung der IT, das umgesetzt wird. Die Einstellung des Bürgerbusbetriebs in Kirchhundem sollte uns ein mahnendes Beispiel sein.
  5. Die politische Beteiligung junger Menschen.
    Meine Fraktion fordert schon seit Jahren jungen Menschen mehr Mitbeteiligung zu geben. Daher haben wir am 31. Januar dem Projekt Youth & Arts zugestimmt. Und das aus gutem Grund. Zum einen besteht dazu eine gesetzliche Verpflichtung nach den §§ 23-27 GO NRW und zum anderen muss uns der Rechtsruck in der Gesellschaft doch zu denken geben. Getreu dem Motto: Demokratie braucht Demokraten darf das Thema in Wenden nicht mehr stiefmütterlich behandelt werden. Um auf mein Eingangszitat zurück zu kommen, für mich wäre es eine Zumutung, wenn in Wenden Vertreter einer sogenannten Alternative einen Platz finden würden. Hier müssen alle demokratischen Parteien an einen Strang ziehen um das zu verhindern!
  6. Die Attraktivität im Zentralort in Wenden.
    Lange Zeit war die Zukunft der Werbegemeinschaft dieses Jahr fragil. Es hat sich dann doch ein neuer Vorstand gefunden. Wir erwarten, dass der neue Vorstand auch neue Schwerpunkte und Impulse setzt. Die SPD wünscht der Werbegemeinschaft viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
  7. Die Entwicklung von Gewerbeflächen und die Schaffung von Bauplätzen.
    Zwar liegt die Entscheidung hinsichtlich des Balcke-Dürr Geländes in der Vergangenheit, aber ich weise noch einmal darauf hin, dass uns vom Gewinner der Konzeptvergabe etwas anderes versprochen wurde. Es gibt keine Gründerwerkstatt, keine Coworking-Spaces und auch keine Kulturhalle. Schlussendlich wird dies ein gewöhnliches Industriegebiet, mit Wohnhäusern auf dem ehemaligen Parkplatz. Aus Sicht der SPD wurde hier eine große Chance vertan, ein innovatives Projekt zu entwickeln.

Bezüglich des geforderten Umdenkens vom Bürgermeister haben wir ein konkretes Beispiel. Ich beziehe mich auf die Vorlage aus der letzten Ratssitzung zur Strategischen Ausrichtung der Unterbringung von geflüchteten Menschen. Der Bürgermeister sah eine Notwendigkeit für den sozialen Wohnungsbau ausschließlich für diesen Personenkreis vor. Das halten wir für falsch, denn es muss auch für unsere jungen Leute und Familien sozialen Wohnungsbau geben. Aufgrund der zuletzt negativen Erfahrungen mit den Konzeptvergaben erwarten wir vom Bürgermeister andere Vergabeverfahren ernsthaft zu prüfen. Beim Thema Bauen muss ich, wie bereits im letzten Jahr, etwas zum ehemaligen Sälzer-Gelände in meinem Heimatort Brün sagen. Dort passiert wenig bis gar nichts! Weiterhin sind auf der Fläche Erdhügel aufgeschüttet und rund um die Fläche wächst das Unkraut bis auf den Bürgersteig. Ich habe den Investor aufgefordert, öffentlich Stellung zum Fortgang des Projekts zu beziehen. Er nimmt jedoch nicht Stellung. Alles ist fraglich, insbesondere ab wann und zu welchem Preis dort gebaut werden kann. Bereits letztes Jahr habe ich gefordert, ernsthaft an einer Lösung zu arbeiten. Da mein Angebot eines Runden-Tisches keinen Anklang fand, fordere ich heute den Bürgermeister dazu auf, den Investor 2024 zur Bürgerversammlung nach Brün einzuladen. Hier hat er die Möglichkeit sich über den weiteren Werdegang des Projekts zu äußern.

Nun komme ich zum Schwerpunkt meiner Rede, indem ich mich mit der Haushaltsrede des Bürgermeisters auseinandersetze.

Der Bürgermeister forderte in seiner Haushaltsrede zum einen immer wieder zum Umdenken auf und zum anderen erwartet er von der Politik eine Priorisierung der Projekte aus der Investitionsstrategie vom 17.11.2021. Dabei war die Erstellung einer Investitionsstrategie seine Idee. Er beharrte auch darauf, dass externer Sachverstand hinzugezogen wurde. Nach nur zwei Jahren ist der Bürgermeister nun Opfer seines favorisierten Verfahrens geworden.

Da er offensichtlich nicht mehr weiterwusste, lud er im Oktober die Fraktionsvorstände zu einem Gespräch ein. Im Vorfeld hatten die Fraktionen jeweils die Aufgabe, eine Priorisierung der Vorhaben abzustimmen und vorzulegen. Die Vertreter meiner Fraktion hatten sich auf ein konstruktives Gespräch eingestellt und brachten daher, wie auch die Vertreter der UWG und der Grünen, ihre Vorschläge ein. Die Vertreter der CDU hingegen verhielten sich passiv und abwartend. Genau an dieser Stelle muss man von einem Bürgermeister eine konstruktive und leitende Gesprächsführung erwarten. Da er seiner Führungsrolle nicht gerecht wurde, ging man ergebnislos auseinander.

Es ist schon beachtlich bzw. bedenklich, dass es im Nachgang kein Protokoll gab. Hätte man nicht erwarten können, dass der Bürgermeister bei dieser wichtigen Thematik noch einmal das Gespräch mit den Fraktionen sucht? Er hätte auch zu einer Elefantenrunde einladen können! Nichts hat er getan, um zu einem Resultat zu kommen. Spätestens in seiner Haushaltsrede hätten Vorschläge zur Priorisierung genannt werden müssen. Stattdessen forderte er lediglich eine Beschränkung auf das zwingende Notwendige und Machbare. Allgemeiner kann sich ein Bürgermeister nicht äußern! Er versucht nicht nur den „schwarzen Peter“ an die Fraktionen abzugeben, sondern er stellt sich als völlig schuldlos an der festgefahrenen Situation dar. Das Sie, Herr Bürgermeister, das nicht sind, werde ich gleich erläutern.

Grundsätzlich gilt, dass jedes Projekt der Investitionsstrategie seine Berechtigung hat und man sie nicht gegeneinander ausspielen darf. Hier geht es schließlich um Investitionen pro Jahr von über 20 Mio. € für die nächsten drei Jahre. Wir investieren in ein neues Hallenbad, in Grundschulen und in Feuerwehrgerätehäuser. Der avisierte Zeitplan der Investitionsstrategie bis 2029 ist nicht zu halten. Der Zeitplan war bereits bei Vorstellung der Strategie fraglich. Ein Grund ist das fehlende Personal im Hochbau. Unsere Anträge und Nachfragen in der Vergangenheit den Hochbau personell zu verstärken, wurden immer abgelehnt. Zur Wahrheit gehört auch, dass der Bürgermeister 2021 noch überzeugt war, die Projekte mit dem vorhandenen Personal umsetzen zu können. Neben dem Personalmangel kommen erschwerend äußere Faktoren hinzu. Zu nennen sind hier die gestiegenen Baukosten, eine deutlich gestiegene Kreisumlage und eine zu erwartende geringere Gewerbesteuereinnahme aufgrund einer sich abschwächenden Konjunktur. Das alles wirkt sich negativ auf die Planung aus.

Diese Dichte an kostspieligen Vorhaben resultieren auch aus Fehlern der Vergangenheit, als zu wenig in unsere Infrastruktur investiert wurde.
Nun wurden in der Bevölkerung Begehrlichkeiten geweckt bzw. hohe Erwartungen geschürt, was die einzelnen Projekte angeht. Die Verwaltung hat dabei zu wenig den Fokus auf die Umsetzbarkeit der Projekte gelegt. Da wir aber die Vergangenheit nicht rückgängig machen können, gilt es nun den Blick nach vorne zu richten und Lösungen zu präsentieren.

Ich nutze daher die Gelegenheit, die Öffentlichkeit über die aktuellen Projektstände zu informieren.

  • Die Planungen für den Neubau des Hallenbades sind weit vorangeschritten und der Baubeginn ist bereits für Mitte nächsten Jahres geplant. Das neue Hallenbad wertet nicht nur die Gesamtschule und deren Schulsport auf, sondern es ist ein Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger Wendens sowie für die DLRG und den Rehasport.
  • Der Umbau und die Sanierung der Grundschule in Hünsborn hat begonnen und schreitet trotz Verzögerungen voran. Die Fertigstellung ist nun für Mitte 2025 geplant.
  • Die Fertigstellung des Anbaus am Feuerwehrgerätehaus in Gerlingen verschiebt sich auf Mai 2025. Diese Maßnahme sorgt dafür, dass unser Schutz bei Bränden und sonstigen Katastrophen gewährleistet ist (wie beispielsweise dem Sturm an Kirmesdienstag).
  • Für den Grundschulverbund Wenden/Rothemühle wird am Standort Rothemühle eine Interimslösung für einen weiteren Klassenraum im Frühjahr 2024 geschaffen.

Bei diesen genannten Vorhaben steht die Ampel auf Grün. Sie müssen fertiggestellt werden, bevor andere Projekte begonnen werden. Das ist die gemeinsame Position von SPD, der UWG und den B´90/Die Grünen.

Bei den anderen Vorhaben der Investitionsstrategie steht die Ampel unseres Erachtens auf Rot. Für diese werden wir gemeinsam einen Sperrvermerk im Haushaltsplan 2024 beantragen. Konkret heißt das, dass diese Projekte erst gestartet werden dürfen, nachdem die Sperre aufgehoben wurde. Die Beratungen hierrüber müssen zunächst im Haupt- und Finanzausschuss erfolgen und abschließend im Gemeinderat. Durch den Sperrvermerk nehmen wir die Verwaltung in die Pflicht. Sie soll jetzt nicht den Rotstift ansetzen, sondern soll uns sagen, was umsetzbar ist, und dies nicht umgekehrt von der Politik erwarten. Zur Klarstellung: der Sperrvermerk bedeutet nicht das Aus für die anderen Projekte. Sinnbildlich wird vor diesen zunächst ein Schloss angebracht. Es liegt nun an der Verwaltung dieses wieder zu öffnen.

Lassen Sie mich zum Sperrvermerk noch einige Anmerkungen machen.

  • Für das geplante Feuerwehrgerätehaus in Hillmicke Am Nocken gibt es immer noch keinen Vollzug beim Grundstückskauf. Aus diesem Grund muss zeitnah ein Gespräch mit den Feuerwehrkameradinnen und -kameraden geführt werden, wie man für sie kurzfristig mehr Raum schaffen kann.
  • An der Gesamtschule Wenden stehen im Finanzplan 2024 die Dachbegrünung und die Errichtung einer Photovoltaikanlage an. Beide Punkte fallen selbstverständlich nicht unter den Sperrvermerk, da sie dazu beitragen das Gebäude zu erhalten bzw. zu modernisieren. Für den Brandschutz an der Gesamtschule stehen uns Gelder unter den sonstigen Maßnahmen im Finanzplan zur Verfügung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
heute halten wir uns mit eigenen kostenverursachenden und personalbindenden Anträgen bewusst zurück. Wir erwarten aber von der Verwaltung, dass an den Projekten, die nicht unter den Sperrvermerk fallen, zielstrebig weitergearbeitet wird.

Zum Schluss nenne ich noch einmal die Anträge:

  1. Der Gemeinderat wird im Zuge der anhaltenden Flüchtlingskrise in jeder Sitzung über die Flüchtlingszahlen und den Bedarf an weiteren Unterkünften informiert.
  2. Antrag von SPD, UWG und B´90/Die Grünen. Wir beantragen, dass für folgende Projekte der Investitionsstrategie ein Sperrvermerk im Haushaltsplan 2024 eingerichtet wird. Das bedeutet, bevor diese begonnen werden, müssen die zuvor genannten priorisierten Projekte fertiggestellt sein, damit wieder Kapazitäten für die weitere Umsetzung vorhanden sind:
  • Umbau/Erweiterung an der Grundschule Wenden
  • Anbau der Grundschule Rothemühle
  • Anbau der Grundschule Gerlingen
  • Neubau Feuerwehrgerätehaus Hillmicke
  • Neubau Feuerwehrgerätehaus Hünsborn
  • Umbau der Gesamtschule Wenden.

Bedanken möchte ich mich abschließend bei Frau Ackermann und Herrn Stahl von der Kämmerei. Sie haben uns im Rahmen der Haushaltsklausur für Fragen zum Haushalt zur Verfügung gestanden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche der Haushaltsberatung einen positiven Verlauf.

 

Wenden, 13. Dezember 2023                            Ludger Reuber, SPD-Fraktionsvorsitzender

 

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